Studienfahrt nach Weimar im Sommer 2022

Die Möglichkeit, kooperativ über TaskCards zusammenzuarbeiten, hat sich auch der Leistungskurs Deutsch zunutze gemacht, um innerhalb kürzester Zeit eine Studienfahrt nach Weimar auf die Beine zu stellen. Gerade einmal zwei Doppelstunden (2x90min) brauchten die Schülerinnen und Schüler von der Idee über die Buchung von Unterkunft und Bahntickets bis hin zum endgültigen Programm. Besonders die Abstimmungstools waren hier ein wichtiges Instrument, beispielsweise bei der Terminfindung, bei der unterschiedliche Kursarbeitspläne berücksichtigt werden mussten, oder auch bei der Wahl des richtigen Restaurants für den Abend. Vegetarier sollten genauso wenig diskriminiert werden wie die gute alte Thüringer Bratwurst und bezahlen können sollte man sein Essen am Ende auch noch. Keine leichte Aufgabe, die aber souverän gelöst wurde. Jeden Abend saßen alle bei bester Laune zusammen und haben den Tag Revue passieren und in geselliger Runde beim Spielen oder Plaudern ausklingen lassen.  

Ganz im klassischen Sinne war neben der Neigung auch ein Pflichtprogramm zu erledigen:  

So ging es auf den Spuren von Goethe und Schiller zu Fuß – ganz old school! – durch Weimar. Schülerpräsentationen führten zu den wichtigsten Stationen und ordneten diese in die Biographie der beiden bekanntesten deutschen Dichter ein. Besuche in deren Wohnhäusern durften ebenfalls nicht fehlen. Und egal, wohin der geschulte Blick des Deutsch-Leistungskursschülers fiel: Worte, Worte, Worte! Gesprochen, geschrieben, gedruckt! Ãœber QR-Codes, Audioguides u. v. m. gab es vielfältigen Input zu den Dioskuren der deutschen Literatur und einmal mehr wurde deutlich, warum die Klassik als Epoche auch immer einen Gipfel, eine besonders herausragende, ja erhabene Kunstphase kennzeichnet, denn das, was uns dort begegnete, war viel mehr als jahrhundertealtes Zeug. 

Wenn Goethe 1805 kurz nach Schillers Tod an Carl Friedrich Zelter schreibt: „Ich dachte mich selbst zu verlieren und verliere nun einen Freund und in demselben die Hälfte meines Daseyns“, dann kommt man nicht umhin, sich seiner eigenen Freundschaften und deren Bedeutung für die eigene Identität gewahr zu werden, den Verlust Schillers für Goethe nachspürend. 

An vielen Stellen muss der Blick auf die Jahreszahl einem ins Gedächtnis rufen, dass es sich um Texte handelt, die vor gut 200 Jahren verfasst wurden und doch mit ihren Ãœberlegungen zu Toleranz und nationaler Souveränität kaum aktueller sein könnten: „nur wiederholen wir, daß nicht die Rede sein könne, die Nationen sollen überein denken, sondern sie sollen nur einander gewahr werden, sich begreifen, und wenn sie sich wechselseitig nicht lieben mögen, sich einander wenigstens dulden lernen“ (Goethe: Ãœber Kunst und Alterthum, 1828). 

Mahnende Worte und eine große Stille begleiten dann auch unseren Weg auf der ehemaligen Bahntrasse („Gedenkweg Buchenwaldbahn“) zur Gedenkstätte Buchenwald. Dort angekommen gehen die Schülerinnen und Schüler zu zweit oder in Kleingruppen über das Gelände, ein Audioguide gibt zeitliche und räumliche Orientierung, erzählt die Geschichten von skrupellosen Aufsehern, gibt Einblick in die individuellen Schicksale und auch die sprachliche Verarbeitung des Geschehenen in den Jahrzehnten danach. Ãœber die „Blutstraße“ kehren wir – nach Zwischenstopp am Mahnmal auf der Südseite des Ettersbergs mit seinem monumentalen Glockenturm – zurück zur Bushaltestelle. Nachdenkliches Schweigen. Dann großer Redebedarf.  

 Versuch eines Fazits: 1. Schüler können Kursfahrten selbstständig und in kurzer Zeit organisieren, wenn sie wollen (über die Gründe darf man ruhig spekulieren). 2. Die Lehrkraft sollte in diesen Stunden immer ihre Kreditkarte bereithalten, denn „money rules the world“ und Schüler haben normalerweise keine. 3. Von alten Männern kann man vielleicht nicht gerade das Autofahren lernen, aber zumindest von Goethe und Schiller am Ende doch Wichtigeres: den Wert der Freundschaft, der Liebe und des Todes, die Bedeutung von Toleranz und Freiheit, Frieden und Wahrheit.   

 So sind die neu gewonnenen Eindrücke und Erkenntnisse letztlich alte, ja klassische, weil zeitlos gültige. Was in diesen Zeiten mehr denn ja nachklingt, sind die Worte Wielands, dem vierten im Weimarer Bunde neben Goethe, Schiller und Herder:  

„(Wo die Wahrheit sey? Wer sie besitze? Wer sie in ihrem schönsten Lichte gesehen? Die meisten und deutlichsten Laute von ihr vernommen habe? – ) Lasset uns in Frieden zusammen gehen, oder wenn wir des Gehens genug haben, unter den nächsten Baum uns hinsetzen, und einander offenherzig und unbefangen erzählen, was jeder von ihr gesehen und gehört hat, oder gesehen zu haben glaubt“ (Christoph Martin Wieland: Was ist Wahrheit?, 1776). 

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