Die Lehrerrede zur Akademischen Feier zur Ausgabe der Abiturzeugnisse
Liebe Abiturientinnen und Abiturienten,
liebe Eltern, liebe alle anderen Anwesenden,
ich möchte Sie und vor allem Euch auf eine Reise mitnehmen, in der es darum gehen soll, sich an die schönen, die besonderen und die lustigen Dinge eurer Schulzeit hier am Gymnasium Nackenheim zu erinnern.
Klar, es gab das Corona, aber das war ja längst nicht alles…
Ihr seid der erste Jahrgang, den ich seit der fünften Klasse an dieser Schule miterlebt habe. Mit Herrn Nilles, Frau Hinrichs, Herrn Schwamb und Frau Raschke (mittlerweile eine Zimmermään) ging es für die meisten von euch 2013 an dieser Schule los. Die Klassenzusammensetzung war dabei – sagen wir mal – äußerstheterogen.
Ich erinnere mich beispielsweise an die Fahrt nach Miltenberg mit den Klasse 5c und 5d, bei der es einige Problem“chen“ gab. Immer offene Schnürsenkel, Heimweh, Regelmissachtungen und eine Glibber-Schildkröte an der Decke der Jugendherberge sind hierbei nur ein paar ausgewählte Beispiele.
Herr Schwamb hatte in der Unterstufe mit Sicherheit ein ganz besonderes Los gezogen und ihr habt es tatsächlich geschafft ihn immer wieder vor Herausforderungen zu stellen, die man bei ihm erst einmal finden muss. Aber so, wie ihr eben seid, habt ihr am Ende trotz allem die Herzen der Lehrkräfte erobert und es fiel ihnen schwer euch am Ende der Unterstufe wieder abzugeben.
Der Weg führte euch also weiter und begleitet wurde ihr nun von Frau Brückner (jetzt Frau Sträter), Frau Büchs und Herrn Deichmann. Aus vier wurden somit drei Klassen, die immer noch sehr unterschiedlich waren.
Ihr habt in dieser Zeit viele schöne Fahrten und Ausflüge gemacht. Im Superfly habt ihr z. B. fliegen gelernt, im Kletterwald habt ihr sogar die Sportlehrerin hinter und unter euch gelassen. In Eastbourne war das wichtigste das WLAN und statt die schönen kleinen englischen Städtchen anzuschauen, wurde natürlich wie immer ausschließlich Ausschau nach dem nächsten McDonalds gehalten. Als der Bus auf der Fahrt einen Außenspiegel verlor, war außerdem die Aufregung groß und die Ankunft verschob sich bis spät in die Nacht. Auf einer Eisfläche sind manche von euch auf der Laubenheimer Höhe dahingeglitten, außerdem wurden am Ende der neunten Klasse Draisinen auf Schienen und Kanus auf Lahn vorwärtsbewegt.
Ihr habt viele Museen besucht und natürlich gegrillt, gelacht und jede Menge erlebt.
In der Oberstufe wurden alle drei Klassen nun in einem Jahrgang zusammengefasst und das hat euch allen sehr gutgetan. Ihr seid ein interessierter, lustiger, aufgeweckter und kluger Jahrgang, den wir sehr gerne unterrichtet haben und der laut Frau Eberstaller „wirklich etwas verändern, der Rollenbilder und Vorurteile überwinden und unsere Gesellschaft zu einer besseren machen kann“. Und dem kann ich nur zustimmen!
Ich erinnere mich auch noch daran, wie in der MSS 10 die Jungen der beiden Sport-Grundkurse plötzlich den Schwebebalken erobert haben (vielleicht lag es auch daran, dass ich hier zu gute Noten gegeben habe), während der Sport-Leistungskurs auf dem Tisch-Trampolin zu Höhenflügen ansetzte. Im Physik-LK wurde bei einer Weihnachtsfeier zu „Atemlos“ auf den Tischen getanzt und im Geschichtskurs von Frau Kesser entstand, nach einer Idee von Herrn Fritsch, ein Rapp-Song namens „Gymnasium Nackenheim – wir sind die mit‘m iPad“. Lustige Quizz-Namen in Kahoot-Quizzen, eine Fahrt nach Salamanca für den Spanisch-Kurs und die Fahrt des Französisch-LKs nach Paris, inklusive Besichtigung der damals noch intakten Notre-Dame-Kathedrale, gehörten natürlich ebenso dazu. Ihr wart außerdem auf Exkursion in Berlin, am rheinlandpfälzischen Landtag, in Ingelheim beim „Tag gegen Rechtsextremismus“ und im Theater bei Friedrich Schillers „Maria Stuard“.
Unvergessen bleibt natürlich auch der Theaterbesuch der Englischkurse, bei der „A Christmas Carol“ von Charles Dickens in Rüsselsheim aufgeführt wurde. Die Vorstellung, der ihr ruhig und fasziniert gefolgt seid, musste leider mehrmals aufgrund der anderen Schulklassen und deren traurigem Desinteresse unterbrochen werden.
Eine Anekdote besagt auch, dass im LK von Frau Roth nach einem Magneten gefragt wurde, um einen verlorengegangenen Haustürschlüssel aus einem Spalt im Aufzug herauszuangeln. Warum ihr dazu nicht in die Physik gekommen sind, ist leider nicht übermittelt. Vielleicht lag es daran, dass bei Herrn Schwamb im GK das ein oder andere Experiment nicht soo gut geklappt hat.
Beim ökologischen Praktikum des Erdkunde-LKs von Herrn Merchel entpuppte sich der vermeintliche Fund einer Kohleflöz bei den Ausgrabungen leider als die Grillkohle eines ehemaligen Grillplatzes. Zudem war der Ekel vor Regenwürmern bei diesem Praktikum nicht zu überhören.
Der Bio-Stammkurs kam hingegen in den Genuss, die Biologie von drei verschiedenen Standpunkten (also Lehrerinnen) erklärt zu bekommen. Frau Pohl, Frau Homola und zuletzt Frau Schmitz haben euch dabei begleitet.
Gegen Ende übernahmen leider Arbeitsaufträge, Teams, Quarantäne, nochmal Quarantäne und vor allem diese schwarzen Felder mit bunt eingekreisten Buchstaben die Oberhand.
Die, nach Aussagen von Frau Kaiser, sicherlich sehr gutgewordene, Aufführung des DS-Kurses und auch unsere Kursfahrt nach Pula mussten leider abgesagt werden.
Das Zu-spät-Kommen eines Schülers beim Mathe-Vorabitur war außerdem keine ausreichende Vor-Warnung, denn auch im Mathe-Abitur verspätete sich ein Schüler wegen Stau. Auch bei der Verleihung der Zeugnisse scheint es Probleme mit der Pünktlichkeit gegeben zu haben.
Beim Abi-Streich wollte das Wetter und die Hygienevorschriften es euch mal wieder nicht einfach machen und so habt ihr ihn einfach abgesagt. Ich war allerdings seeehr traurig darüber, weil ich an diesem Tag extra acht Stunden früher zur Schule gefahren bin…
Womit kann man euren Schulweg also vergleichen? Es gab, wie überall im Leben, Höhen und Tiefen, mal ging es schleppend voran, mal ganz einfach und am Ende sind dennoch alle von euch angekommen.
Mich erinnert das an eine Wanderung in den Bergen.
Meist startet man von weit unten und möchte gerne ganz hoch hinaus. Vielleicht haben einzelne bereits einen Vorsprung, schlagen dann jedoch den falschen Weg ein und müssen doch noch einmal einen Umweg machen oder ein Stück den Berg wieder hinunter wandern.
Manch einer ist sogar auf der anderen Seite des Berges gestartet und erst den letzten Abschnitt gemeinsam mit euch gewandert. Es gab diejenigen, die zurückgeblieben sind, sich entschieden haben umzukehren oder lieber den Nachbarberg zu erklimmen.
Unterwegs konntet ihr viel entdecken, interessante Gespräche führen und einfach die Natur oder die Aussicht genießen. Der Weg wurde mal steiler, dann wieder flacher, schmaler und breiter, es lag Geröll im Weg oder man konnte kleine bunte Blümchen am Wegesrand sehen.
Und obwohl ihr alle oben angekommen seid, hat doch nicht jede und jeder dasselbe gesehen oder erlebt. Einzelne sind gestolpert, andere nahezu im Sprint bis zur Spitze gerannt. Aber wichtig ist nicht unbedingt, wie schnell man oben ist oder wie wenig Hindernisse man überwinden musste. Wichtig ist, dass ihr alle oben angekommen seid, dass ihr Vieles gelernt, gesehen und vor allem erlebt habt und dass ihr euch dabei gemeinsam unterstützt habt.
Ihr habt alle das Ziel vor den Augen behalten, keine Angst vor dem nächsten Anstieg oder dem Abgrund an der Seite gehabt. Ihr habt euer Abitur geschafft!
Wie geht es also für euch weiter?
Jetzt steht ihr alle auf demselben Gipfel, dennoch trennen sich eure Wege nun. Möglicher Weise wandern einige noch weiter oben auf dem Bergkamm entlang, andere machen sich bereits auf zum Abstieg, um den nächsten Berg zu erklimmen.
Ihr könnt nun euren eigenen Weg wählen, egal wo er lang führt. Auch dürft ihr zwischendrin umkehren, wenn ihr merkt, dass euch etwas zu viel Mühe oder einfach wenig Freude bereitet. Denn nur ihr könnt entscheiden und ein Weg, der sich in der Beschreibung oder in Erzählungen von anderen wundervoll anhört, muss für euch persönlich dennoch nicht der richtige sein.
Kein Weg oder Umweg, keine Umkehr oder kein Tal ist dabei umsonst und immer hat man Wegbegleiter, Unterstützer und Wegweiser, die einem helfen.
Und ganz oft kommt man nach dem tiefsten Tal plötzlich auf dem schönsten und höchsten Berg an – die atemberaubende Aussicht ist dann umso überwältigender.
Also hört niemals auf zu träumen, zu hoffen und an euch selbst zu glauben!
Alles was ihr hier und in den letzten Jahren gelernt und erlebt habt, hat euch zu diesen wundervollen, liebenswerten und einzigartigen jungen Menschen gemacht, die jetzt hier vor mir stehen. Ihr seid jetzt auf dem ersten richtig großen Berg eures Lebens angekommen, den ihr trotz Hindernissen, Schwierigkeiten, Schicksalsschlägen UND trotz Corona erklommen habt.
Zieht daraus eure Stärke und erinnert euch immer daran, dass auch das alles euch nicht aufhalten konnte hier und heute euer Abiturzeugnis zu erhalten.
In diesem Sinne wünsche ich euch ganz viele Gipfel, unzählige Blumen am Wegesrand, nützliche Umwege, die Fähigkeit das Jetzt zu genießen, die Erinnerung daran, dass der Weg das Ziel ist und dass sich immer wieder wunderbare neue Aussichten zeigen werden.
Herzlichen Glückwunsch und alles Gute! ?
Katharina Franke
(Sport GK und Stammkurs Physik LK)